AKTUELLES

AUS ALLERBESTEM HAUSE

Podiusmsdiskussion mit Ole van BeuestAm 29. Oktober 2025 fand im HAUS RISSEN unsere letzte Abendveranstaltung 2025 statt, dieses Mal zum Thema „Erstarkter Populismus - wie stabil ist unsere Demokratie?“. Eine Nachbetrachtung der Podiumsdiskussion.

Wenn es um den Erfolg und die Etablierung populistischer Parteien geht, war Deutschland im europäischen Vergleich über lange Zeit eine Ausnahmeerscheinung. Während in Nord- und Westeuropa vor allem Rechtspopulisten bereits ab den 1980er Jahren in die Parlamente einzogen und dort auch blieben, schlugen derartige Versuche hierzulande weitgehend fehl.

Mit dem Aufstieg der AfD ist der Populismus mittlerweile jedoch auch aus dem deutschen Parteienwettbewerb nicht mehr wegzudenken und verbindet sich bisweilen mit radikalen und extremen politischen Einstellungen. Ebenso finden sich auf der Seite der politischen Linken Nachahmungsversuche, die es wie das BSW bis in Regierungsverantwortung brachten.

Strategien gegenüber Populisten?

Über den richtigen Umgang mit diesem Phänomen, das mittlerweile mehr als bloßes Protestverhalten ist, herrscht indes nach wie vor weitgehende Ratlosigkeit. Aber gibt es Strategien, wie man sich wirksam gegenüber Populisten verhalten kann? Wie begegnet man ihnen in Parlamenten, in den Medien und auf der gesellschaftlichen Ebene? Und ab wann wird Populismus eigentlich zu einem Problem für die Demokratie?

Podiumsdiskussion im HAUS RISSEN

Diese Fragen diskutierten wir mit Ole von Beust, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg von 2001 bis 2010, sowie Dr. Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin an der Universität Trier. Moderiert wurde die Diskussion von Alexandra Bahr, Referentin für Politische Jugendbildung im HAUS RISSEN.

Ole von Beust warb dafür, dass Politiker die „brennenden Sorgen“ der Menschen ernst nehmen und die wirklichen Probleme direkt ansprechen und einer Lösung zuführen sollten. Der Frust vieler Bürger sei eine Folge ihrer Wahrnehmung, dass Politik nicht wirklich „liefert“. Man dürfe der AfD nicht die Möglichkeit geben, das Mantra eines angeblichen Politikversagens vor sich herzutragen und Themen explizit zu besetzen, weil die demokratische Mitte sich nicht an diese herantraut.

Begrifflichkeiten und Unterschiede

Dr. Anna-Sophie Heinze schilderte die Situation auch in anderen europäischen Ländern und zeigte die spezifischen Bedingungen des deutschen, insbesondere ostdeutschen, Rechtspopulismus auf. Außerdem ordnete sie das Phänomen auch theoretisch ein und erläuterte die Begrifflichkeiten von Populismus, Radikalismus, Extremismus bis hin zu Terrorismus und deren Unterschiede.

Eine klare Empfehlung, wie unsere Demokratie dem weiteren Erstarken insbesondere des Rechtspopulismus begegnen könnte, lieferte keiner der beiden Referenten: Diskutiert wurde über die Bandbreite von einem Verbot, über das Ignorieren bis hin zu Kooperationen und Koalitionen.

Podiusmsdiskussion mit Ole van BeuestOle von Beust, der in Hamburg 2001 die Regierung nur mittels einer Koalition mit der rechtspopulistischen Schill-Partei (PRO) übernehmen konnte, verdeutlichte, dass Schill-Partei und AfD nicht vergleichbar seien: erstens sei die PRO weniger professionell gewesen und zweitens war sie ideologisch weder rechtsradikal noch hätte es „Nazis“ in ihren Reihen gegeben.

Insofern sei der Umgang mit der Schill-Partei auch kein Role-Model, um die AfD in Deutschland „kleinzukriegen“. Tatsächlich hatte sich der Erste Bürgermeister 2003 mit der „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ überworfen, Senator Schill entlassen und bei der Neuwahl 2004 die absolute Mehrheit für die CDU in der Hansestadt geholt. Die „Schillpartei“ schmolz von 19,4% auf 0,4% und verschwand endgültig von der Bildfläche.

Rege Beteiligung des Publikums

Das Publikum beteiligte sich rege mit klugen Anmerkungen und Fragen an die Podiumsgäste. Es wurde deutlich, dass die Demokratie sich nur schützen lässt, wenn immer mehr überzeugte Demokraten bereit sind, aktiv für ihre Meinung einzutreten und den populistischen Erzählungen etwas entgegenzusetzen.

Den Diskurs gegen Populisten können wir als Gesellschaft nur gewinnen, wenn wir als Demokraten Haltung zeigen und uns selbst einbringen. Dazu braucht es einen klaren Standpunkt sowie die Fähigkeit und den Mut, diesen auch argumentativ zu vertreten.

Insbesondere junge Menschen genau dazu zu befähigen, treibt das Team von HAUS RISSEN an, und dafür setzen wir uns in unseren Seminaren und Projekten Jahr für Jahr ein.

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen